Heuristik ist eine Methode, mit wenig Wissen innerhalb kurzer Zeit Schlüsse zu ziehen.
Es bedeutet, dem erstbesten Einfall, meist unbewusst, zu folgen, sich dafür zu entscheiden.
Es die einfachste Lösung, um Fragen zu beantworten, Entscheidungen zu treffen und flüssig durchs Leben zu kommen, ohne viel nachzudenken. Dazu gehören auch der „gesunde Menschenverstand“ und die Gewohnheiten.
Dies ist in aller Regel auch in Ordnung. Denn wenn man alles, was auf einen zukommt, hinterfragen, z.B. das Bewusstsein (besser: die Wahrnehmung) aktivieren wollte, dann würde man mehr oder weniger auf der Stelle treten: es kostet Zeit und ist oft mühevoll.
Aber bei bestimmten Vorkommnissen, die z.B. neu sind, sollte man schon das Bewusstsein zum Denken einschalten, um nähere Informationen zu erhalten und sich dadurch besser entscheiden zu können, und nicht nur nach Ähnlichkeiten gehen, die im Gehirn auftauchen.
Dagegen wird sich häufig das Gehirn, speziell das Stirnhirn, wehren, weil dies Arbeit bedeutet, wehren; es bleibt lieber bei seiner alten Sicht oder findet leichtere Antworten, die weniger Mühe machen.
Natürlich kann niemand ein Experte auf allen Gebieten sein. Würde man das wollen, denn müsste man alles von allen Seiten betrachten. Dazu hätte niemand die Zeit und die Ressourcen.
Da das Gehirn aber in der Regel auf das Naheliegende und Gewohnte zugreift, spontan erfindet und entscheidet, zunächst nicht nachdenkt, sollte man öfter, wenn einem etwas Ungewöhnliches begegnet, zweimal hingucken und, wie gesagt, sein Bewusstsein aktivieren.
Auch Vorurteile und das Ad hoc-Interpretieren fallen unter dieses Thema, bestimmen unsere Sicht und Reaktion; es ist ebenfalls ein geläufiges Mittel, um Situation schnell einschätzen zu können.
Zu dem genauen Hinschauen hilft ein flexibles Gehirn. Dazu gehört auch das Differenzieren. D.h. sich nicht nur für weiß oder schwarz zu entscheiden, sondern wichtige Fakten entdecken, um sich einen genaueren Überblick über das Thema zu verschaffen. Dadurch wird das einfache Ja oder Nein mehr aufgegliedert und in der Folge urteilt man objektiver.
Zur Heuristik fällt mir noch eine kleine Geschichte ein, die Paul Watzlawick geschrieben hat:
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt
unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war
er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen
wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich
noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht’s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er »Guten Tag« sagen kann,
schreit ihn unser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!“
Wieder in seiner Wohnung sitzt er da mit seinem Bild in der Hand – enttäuscht und verzweifelt über seine Mitmenschen. Und er beschließt ganz fest: „Nie wieder spreche ich einen an!“
Der Mann war im Mittelpunkt des Zweifels, der sich zur Gewissheit festigte, dass der Andere ihn generell ablehne.
Wenn eine Einstellung einen bestimmten Punkt erreicht hat, dann nimmt man in dieser Beziehung nichts anderes mehr wahr – nach der Mittelpunkt-Mechanik.
So versinken manche Menschen in Schuld, weil sie sich z.B. einbilden; wenn sie den Partner nicht zu einer Besorgung geschickt hätten, würde er heute noch leben und diesen schrecklichen Unfall nicht gehabt haben.
Und noch eine ineressante Beschreibung des psychischen Ankers:
Der Ankereffekt ist ein Begriff aus der Kognitionspsychologie und beschreibt das Phänomen, dass Menschen bei bewusst getroffenen Wahlen von vorhandenen Umgebungsinformationen beeinflusst werden,
ohne dass ihnen dieser Einfluss bewusst ist. Die Umgebungsinformationen haben selbst dann einen Einfluss, wenn sie für die die zu treffende Entscheidung eigentlich irrelevant sind. Der Anker sind
in der Regel eine bestimmte Information, wobei die Information der Betreffende selbst aus dem Umständen bilden oder aber von einer anderen Person erhalten kann, häufig ist sie ist aber rein
zufällig vorhanden. Diese Information ist dann beim Einschätzen einer Situation und beim Treffen der Entscheidung ausschlaggebend, wobei es keine Rolle spielt, ob diese Information für die zu
treffende rationale Entscheidung tatsächlich relevant und nützlich ist. Es handelt sich also um eine Urteilsheuristik, bei der sich das Urteil an einem willkürlichen Anker
orientiert bzw. um eine systematische Verzerrung in Richtung dieses Ankers. Anker können dabei auf zwei verschiedene Weisen wirken: als unbewusste Suggestion aktiviert ein Anker zu ihm passende
Assoziationen, die im Anschluss die Urteilsfindung beeinflussen, also über den Mechanismus des Priming. Der Anker kann aber auch einen Ausgangspunkt oder Startwert für einen bewussten
Gedankengang liefern, also im Sinne einer Anpassungsheuristik. Ein kurioses Forschungsergebnis, wie das menschliche Gehirn nach Vergleichswerten sucht bzw. wenn es diese nicht findet, eine völlig
aus der Luft gegriffene Zahl als Bezugspunkt sucht, bewiesen Critcher & Gilovich, denn Gäste eines Restaurants mit dem Namen „Studio 97“ gaben durchschnittlich 8 Dollar mehr aus als die Gäste
des Restaurants namens „Studio 17“. (Stangl, 2019).
Verwendete Literatur
Stangl, W. (2019). Stichwort: 'Ankereffekt'. Online
Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
WWW: https://lexikon.stangl.eu/5691/ankereffekt/ (2019-03-06)